Glassplitter im öffentlichen Schwimmbad

Das Bestehen einer Sorgfaltspflicht und deren Verletzung sowie die Kausalität der Sorgfaltsverletzung für den Schaden hat grundsätzlich der Geschädigte zu behaupten und zu beweisen. Die Beweislastumkehr nach § 1298 ABGB betrifft (nur) den Verschuldensbereich. Sie ist aber auch bereits dann anwendbar, wenn der Geschädigte beweist, dass nach aller Erfahrung die Schadensentstehung auf ein wenigstens objektiv fehlerhaftes (vertragswidriges) Verhalten des Schädigers zurückzuführen ist. Gelingt dem Geschädigten der Nachweis zumindest eines – ein rechtswidriges Verhalten indizierendes – objektiv rechtswidrigen Zustands nicht, ist eine Haftung zu verneinen.

Der Kläger trat sich im Gastronomiebereich des von der Erstbeklagten betriebenen öffentlichen Schwimmbads, in dem er barfuß unterwegs war, einen ca 11 mm großen Glassplitter ein. Nicht geklärt werden konnte, wann und wie der Glassplitter dorthin gelangt war und ob er bei Kontrollgängen wahrnehmbar gewesen wäre. Die Zweitbeklagte als Pächterin des Gastronomiebereichs sorgt für regelmäßige Reinigung des Bodens und auch während des Betriebs für laufende Kontrollen. Der Splitter musste operativ entfernt werden. Unter anderem aufgrund einer Wundheilungsstörung kam es zu einem verzögerten Heilungsverlauf.

Der Kläger begehrt Schmerzengeld und Verdienstentgang sowie die Feststellung der Haftung der Beklagten für zukünftige Schäden. Die Beklagten bestritten.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers Folge, sprach ihm das Schmerzengeld und den Verdienstentgang zu und hob das Ersturteil hinsichtlich des Feststellungsbegehrens auf, da zu dessen Beurteilung noch Feststellungen fehlten.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten gegen den klagsstattgebenden Teil des Berufungsurteils Folge und wies das Klagebegehren in diesem Umfang ab.

Der Inhaber eines Geschäfts hat die seiner Verfügung unterliegenden Anlagen in einem verkehrssicheren und gefahrlosen Zustand zu halten. Das Bestehen einer Sorgfaltspflicht und deren Verletzung (etwa durch Unterlassung) sowie die Kausalität der Sorgfaltsverletzung für den Schaden hat der Geschädigte zu behaupten und zu beweisen. Die Beweislastumkehr nach § 1298 ABGB betrifft (nur) den Verschuldensbereich. Bei Nicht-Feststellbarkeit eines objektiv vertragswidrigen Verhaltens des Schädigers ist nach der Rechtsprechung die Beweislastumkehr nach § 1298 ABGB aber auch bereits dann anwendbar, wenn der Geschädigte beweist, dass nach aller Erfahrung die Schadensentstehung auf ein wenigstens objektiv fehlerhaftes (vertragswidriges) Verhalten des Schädigers zurückzuführen ist.

Allein das Vorhandensein eines Glassplitters indiziert noch kein rechtswidriges Verhalten, da ein solcher auch bei zumutbar sorgfältigen Kontrollen unentdeckt bleiben kann. Zu verlangen, dass die Kontrolle in einer Art ausgeweitet wird, dass jeder herabfallende Gegenstand und jeder kleine Splitter jederzeit erkannt und beseitigt werden kann, würde eine Überspannung der Verkehrssicherungspflichten darstellen und auf eine vom Gesetz nicht vorgesehene, vom Verschulden unabhängige Haftung hinauslaufen.

(OGH zu 9 Ob 58/18x vom 27.02.2019)